Der Romanvorlage von Bram Stoker „Dracula“, haben sich nicht nur die Filmstudios, allen voran die Londoner Hammerstudios mit ihren Dracula – Verfilmungen mit Christopher Lee und Peter Cushing, einen Namen gemacht. Es gab zuletzt auch eine viel beachtete Serie, in welcher der Graf in einem etwas positiveren Licht dargestellt wurde. Es folgten Persiflagen wie „Liebe auf den ersten Biss“ und „Tanz der Vampire“ ( als Musical, eine Hommage an die achtziger, die zuletzt in Hamburg auf Grund ihrer grottigen Besetzung, gnadenlos durchfiel). Für die Opernbühne entstanden u. a. von Alva Henderson „Nosferatu“ und im November 2017 feierte das Werk Dracula von Victoria Borisova-Ollas ( der Verfasser berichtete darüber) seine Premiere. Am 13. Oktober 2001 feierte das Musical Dracula, eine musikalische Mischung aus Musiken, die an das Phantom der Oper, Les Miserable und dem immer wiederkehrenden Liebesthema aus Love Story erinnerten, als Rockmusical in Kalifornien seine Premiere. Die Musik, die Texte wurde hier eingedeutscht, klingt mitreißend, pompöse und hat auch manch sakral anmutende Einwürfe. Diese wurde an diesem Abend unter der Leitung und am Klavier von Benjamin Fenker mit Stephan Schöne – Violine, Gitarre, Bass- , Rebecca Demmer – Violoncello -, Daniel-Hjalmar Stamatopoulos – Gitarre, Bass- und David Suhlrie – Schlagzeug, Percussion -, spannend aufbereitet. Isabelle Schubert war in der Rolle der Mina schlichtweg phänomenal. Mit ihrer hervorragend geführten Stimme, überzeugend in den lyrischen, sowie auch in den dramatischen Sequenzen, war sie der Höhepunkt des Abends Ihr, da ist sich der Verfasser ganz sicher, dürfte einer großen Karriere wenig im Wege stehen. Sven Geiger überzeugte mit seiner phänomenalen Bühnenpräsenz, seinem Spiel und seinem eleganten Gesangsstil als Dracula, eine großartige Rolleninterpretation. Hier wurde Dracula sowohl als Vampire, wie auch als sich verzehrend Liebender dargestellt, wobei er sich sowohl zu Männern, wie auch zu Frauen hingezogen fühlte, zumindest bis zu dem Augenblick an dem sein Blick das Bildnis von Mina erblickte. Dieses wurde in dieser Version, da man die Rolle des Renfield, ursprünglich für einen Mann angedacht, an diesem Abend von einer Frau singen ließ, etwas entschärft. Seine sexuelle Identität versucht man dadurch etwas zu verschleiern, in welcher er Männer wohl eher als Sexklaven sah, wie man an dem Verhältnis, das sich zwischen Jonathan Harker ( überaus nett aussehender junger Mann, auch ohne Hemd) und ihm im ersten Akt, Harker in kniender Position vor ihm, unschwer erkennen konnte. Frauen hingegen schien er eher zu respektierte, den derer bediente er sich fast grundsätzlich in stehender Position. Insbesondere Mina hatte es ihm angetan, da diese eben nicht unterwürfig, sondern selbst bestimmend auftrat. Wunderbar die Duettszene zwischen Mina und Ihm „Ich bin da weil du mich liebst“ und das Duet zwischen Lucy, großartig gesungen und dargestellt von Larissa Pyne, dem zweiten starken Frauencharakter dieses Abends, „Ein Leben mehr“. Die dritte starke Frauenrolle gehörte Lorena Dehmelt als Renfield, in ihrer etwas verstörenden, darstellerisch bezwingenden Interpretation. Dagegen wirkten die Männer eher wie die Spielbälle, derer sich sowohl die Frauen wie auch Dracula nach belieben bediente, sie wurden zu getriebenen. Tim Taucher als Jonathan Harker, schöne, schlank geführte Stimme, der erst halb entblößt vor Dracula auf die Knie ging und sich seiner zu ergeben und später vor Mina kniete um zum Schluß erkennen zu müssen, das er mit dem Tode Draculas Mina auf immer verloren hat. Gleiches gilt für Alexander Mikliss als Van Helsing, hohe schlank geführte Stimme die fast an einen Countertenor erinnerte, dem Dracula dessen Frau nahm und ihn somit zu einem getriebenen auf der ewigen, erfolglosen Suche nach Rache machte. Bei näheren hinsehen bildete er und Jonathan Harker eigentlich ein ideales Paar. Lukas Löw als Arthur ( unbeholfen, naive), Dominic Angler ( Nervenarzt) als Dr. Jack und Nils Marckwardt (als draufgängerischer Cowboy) waren die Spielbälle für Lucy, von dreien umgarnt ( stimmlich als Terzett gut aufeinander abgestimmt), entschied sie sich schließlich für den Millionenerben Arthur, der sie dann an Dracula verlor und von ihm, als sie zum Vampir mutierte, gerichtete wurde. Herrlich die von drei auf sechs aufgestockten Vampire Girls: Eva Schütz, Rita Sebeh, Joyce Dehinde, Alexandra Nikolina, Lara Seibert und Mae Ann Jorolan. Hier müssen die ewig sexsüchtigen Blumenmädchen aus dem Parsifal Pate gestanden haben. Während die Frauenrollen alle überaus stark gezeichnet wurden, blieben die Männer stimmlich eher softer und wirkten auch von der Darstellung weniger maskulin. Gesanglich erlebte der Verfasser eine der besten Gesamtleistungen, die er bisher von weißen Musicalsängern auf einer Bühne erleben durfte, da hier alle Sänger für ihre unterschiedlichen Gefühlsebenen, einen eigenen, individuellen Stimmklang fanden. Es wirkte nicht aufgesetzt, wie leider so häufig, sondern wirklich empfunden. Inwieweit die Stimme der Jungs der Dauerbelastung eines Musicalbetriebes stand halten können, ist für den Verfasser auf Grund des Einsatzes von Mikrophone schwer zu prognostizieren. Er befürchtet allerdings, das manche Stimmen dieser Belastung auf Dauer nicht ohne Schaden nehmen zu werden, standhalten können. Der Verfasser möchte in diesem Zusammenhang auf Ramin Karimloo verweisen, den er in „Love never dies“ in London in Topform erleben durfte. Er hörte ihn dann in einem neueren Mitschnitt aus Les Miserable, und die Stimme wirkte ca 8 Jahre später abgesungen. Zurück zu Dracula, dieses Ensemble steht dem gesanglichen Niveau, wie es Stage Entertainment in Hamburg in ihren Aufführungen oder auch dem, was einem in London auf einer professionellen Bühne geboten wird, in nichts nach. Im Gegenteil, teilweise werden diese von diesem homogenen Ensemble sogar übertroffen. Gute weibliche Musicalstimmen scheinen in den letzten Jahre rar geworden zu sein. Hier hatte man das außergewöhnlich Glück, gleich drei in einer Aufführung erleben zu dürfen. Es war ein toller Abend, mit einer eher gegenständlichen Inszenierung ( Kira Hehlemann – Regie, Franziska Müller und Lukas Löw, – Choreographie, Linda von Soosten – Bühnenbild, Ole Simmermacher – Kostüme, Alexandra Nikolina – Maske) und tollen Kostümen. Dank des Charismas der Hauptdarsteller, rückte das Bühnenbild schnell an die zweite Stelle. Auch die tänzerischen Einlagen überzeugten dank einer glaubwürdig umgesetzten Choreographie. Der Verfasser war von der ersten bis zur letzten Minute überaus angetan und begeistert.
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