Wolfgang A. Mozart: Die Zauberflöte

Ein absolutes muß ist hier selbstverständlich die Beecham Produktion mit Helge Rossvaenge ( zu diesem Zeitpunkt war es noch nicht üblich die Rolle des Tamino androgyn zu besetzen, hier erleben wir noch einen “ Helden „, zumindest von der Stimme her ), Tiana Lemitz ( unbedingt zu empfehlen das Lohngrin Duett und die beiden Arien der Agathe ) mit ihrer traumhaften Pianokultur und natürlich Erna Berger ( die sich ihrer jugendliche Stimme, was heute eine Seltenheit ist,m  bis ins hohe Alter bewahrt hatte; auch bei Nelli Melba zu erleben ) als Königin der Nacht. Gerhard Hüsch als Papageno, Wilhelm Strienz als Sarastro und Irma Beilke ( es gab bei Top Classic Historia ein wundervolles Doppelalbum ) als Papagena.

Die 1955 er Produktion unter Leitung von Karl Böhm schlägt für den Geschmack des Verfassers die spätere von 1964 ( trotz Fritz Wunderlich als Tamino ) um längen. Hier erleben wir mit Leopold Simoneau zwar nicht mehr den „heldischen “ aber doch idealen Tamino. Hilde Güden ist eine wundervolle Pamina und Wilma Lipp ( der Verfasser hörte ihre Stimme zum ersten mal in dem Romy Schneider Film der Kardinal, leider gibt es viel zu wenig mit ihr ) ist hier als Königin der Nacht, Paul Schöffler als Sprecher, Kurt Böhme als Sarastro und Walter Berry als Papageno, zu hören.

Wer auf die Cognac Idee kam in der Ferenc Fricsay Produktion Schauspieler für die Sprechrollen einzusetzen ( das gleiche Verbrechen verleidet einem auch beinahe einen Fidelio unter seiner Leitung mit Leonie Rysanek ) hätte der Verfasser gern gewusst, man sollte ihn, sofern noch am Leben, lynchen.
Josef Greindl singt den Sarastro und Ernst Haefliger ( seine Schubertlieder sollten man unbedingt gehört haben ) ist hervorragend als Tamino, Maria Stader als Pamina, Dietrich Fischer-Dieskau als Papageno, Lisa Otto als Papagena und nicht zu vergessen Kim Borg ( dessen Liedaufnahmen man ebenfalls unbedingt hören sollte ) als Sprecher, runden diesen wundervolle Ensemble ab. Die drei Damen wurden hier übrigens mit Marianne Schech, Margarete Klose und Margot Guilleaume( leider auch nur noch wenigen bekannt ) besetzt.

Herbert von Karajans 1950 er Zauberflöte bot ebenfalls eine exzellente Besetzung auf.
Hier hören wir wiederum Wilma Lipp als exquisite Königin der Nacht, Irmgard Seefried ( ihren Komponisten der Ariadne sollte man ebenso wie ihre Liedaufnahmen kennen )als Pamina, Anton Dermota als Tamino und Emmy Loose als Papagena. Nicht zu vergessen Georg London ( hier noch zu empfehlen seine Wagneraufnahmen, zuletzt auf einer Knappertsbusch doppel CD veröffentlicht und seine Lieder und Tänze des Todes ) als Sprecher und Ludwig Weber als Sarastro. Außerdem singt Sena Jurinac die erste Dame.

Otto Klemperer bot mit Lucia Popp als Königin der Nacht, Nicolai Gedda als Tamino, Gundula Janowitz als Pamina und Gottlob Frick als Saratro eine Luxusbesetzung an, die sich bis in die 1. und 2. Dame gesungen von Elisabeth Schwarzkopf und Christa Ludwig fortsetzt.

Gesamtbetrachtet ist auch die Zauberflöte unter der Leitung von Armin Jordan ein Lichtblick, auch wenn die Sänger stellenweise hinter den “ großen Alten “ was die Charakterisierung der einzelnen Rollen anbelangt zurück bleiben. Dennoch ist die Aufnahme insgesamt betrachtet sehr ausgewogen und schön. Das fängt mit dem zu früh verstorbenen Gösta Winbergh ( wundervoll seine Wagner CD von Sony ) als Tamino und Luba Orgonasova ( der Verfasser hörte sie zum ersten mal als Überraschungsgast während eine John Elliot Gardiner Konzertes aus der Hamburger Musikhalle ) als Pamina und setzt sich fort über die Königin der Nacht von Sumi Jo ( hervorragend als Elvira in I Puritani oder Amina in La Sonnambula ). Alfred Muff fungiert hier als Sprecher und Franz Josef Selig singt den Sarastro. Hakan Hagegard singt den Papageno und Martina Bovet hören wir als Papagena, die 1. und 3. Dame gesungen von Charlotte Margione ( welche 1998 ihre Margione Quartett gründete )und Nathalie Stutzmann runden das Ensemble ab.

Die Concert Hall Veröffentlichung unter Alexander Krannhals ist, was die Abstimmung der Sänger untereinander anbelangt, ist eine Aufnahme auf einen auch heute selten erreichten Niveau. Die Sänger mögen heute wahrscheinlich vielen kein Begriff mehr.
Die Art und Weise wie hier ein Ensemble eine gelungen Aufnahme erreicht ist faszinierend. Es gibt zwar keine einzelnen “ phantastischen Momente“ , statt dessen aber eine im großen und ganzen spannende stimmige Aufnahme. Wir hören David Garen als Tamino, August Geschwend als Papageno, Marilyn Tyler als Königin der Nacht, Corry Bijster als Pamina, Nel Dyval als Papagena und Paolo Gorin in der Rolle des Sprechers.
Nach dem Wissensstand des Verfassers ist diese Produktion bis heute noch nicht auf CD veröffentlicht worden.

Sehr schön anzuhören ist übrigens auch eine Zauberflöte unter der Leitung von William Christie. Wer allerdings hofft hier echte Charaktere zu erleben, die ihre Rollen bis ins kleinste Detail ausgearbeitet haben ( so wie man es von den “ historischen Aufnahmen“ noch gewöhnt war ) um auf diesem Wege eine wirkliche Rolleninterpretation vorzulegen, den muß der Verfasser leider enttäuschen. Zu glatt, sauber und nett klingt hier einfach alles. Man trifft hier gesanglich betrachtet von eine viel Zahl sängerischer Unpersönlichkeiten. Leider trifft dieser Vorwurf, zu mindest für diesen Zeitpunkt, auch auf die vom Verfasser heute sehr geschätzte Natalie Dessey ( wundervoll ihr früher Auftritt während einer Fledermaus, als sie den Frühlingstimmenwalzer sang, während sie in der gleichen Saison in Wien als Olympia für Furore sorgte ) zu, die hier die Königin der Nacht singt. Sie tritt in dieser Rolle zu keiner Zeit aus dem Rahmen. Auch der Tamino von Hans Peter Blochwitz leidet unter diesem hier leider immer wieder zu hörenden nicht vorhandenen Rollenengagement. Hier wird einfach zu viel Wert auf einen vordergründigen Wohlklang gelegt, der einer wirklichen Rolleninterpretation einzelner Künstler im Wege steht. Anton Scharinger, vor dem es den Verfasser schon in mancher Harnoncour Aufnahme grauste, klingt hier überraschend gut. Das Orchester klingt gut.
Die Sänger scheinen hier aber laut Textbuch offenkundig zu sehr darauf fixiert gewesen zu sein den anderen zuzuhören, dieses geht leider auf Kosten der Spannung, die hier viel zu selten zum Vorschein kommt Im großen und ganzen eine schöne Zauberflöte für Operneinsteiger, die das Werk einfach nur kennenlernen möchten. Nach mehrmaligen hören allerdings fängt sie dann doch an etwas langweilig zu werden. Eine typische Opernproduktion die auf den Geschmack von hightech Höhrern dieser Zeit abgestimmt wurde, ohne Ecken und Kanten, einfach rund herum gut abgeschliffen.

Auch die Zauberflöte unter John Elliot Gardiner ( sein Neujahrskonzert aus Venedig 2010, war für den Verfasser eine wirkliche Überraschung ) klingt sehr kompetent und es wird schön gesungen, hebt sich aber letztendlich doch zu wenig von der Christie Aufnahme ab.
Beide klingen, ein Makel der heutigen Zeit, erschreckend gleich was die Stimmen der Sänger anbelangt und das obwohl laut Besetzungsliste unterschiedliche Sänger engagiert wurden. Cynthia Sieden erreicht hier allerdings nicht das gesangliche Niveau einer Dessey und auch die Pamina der Christie Produktion Rosa Mannion verleiht der Rolle mehr Farbe als es Christiane Oelze hier vermag. Michael Schades Tamino ( es gibt drei wundervolle Opernrecitel mit dem Sänger bei CBC ) und Gerald Finley ( seine neues Recitel bei Chandos muß man gehört haben, insbesondere die beiden Arien aus Tannhäuser ) als Papageno fallen hier positiv auf. Beiden liefern ein hervorragendes Rollenporträt.

Abschlußkommentar:

Letztendlich muß hier auch einmal eines im Hinblick bereits gemachter oder noch ausstehende Rezensionen festgehalten werden. Bei der neuerdings immer wieder aufkommenden Diskussion ob nun die Zauberflöte Sarastro freundlich oder aber Sarastro unfreundlich ausgedeutet oder neugedeutet wurde, fällt eines immer wieder aufs neue kläglich auf. Die Charakterisierung geht heute immer seltener von den Sängern aus, sondern muß vom Orchesterklang her erahnt werden. Das wirft für den Verfasser allerdings die Frage auf, wann erleben wir eine Ausdeutung dieser Oper auf der gesanglichen Ebene (auf CD ), wo nicht mehr nur das Orchester das scheinbar einziges Medium ist, welches hier die Charakterisierung vornimmt. Bei Sängern wie zum Beispiel Pinza, Schwarzkopf, Ludwig, della Casa, Grümmer, Wunderlich oder Gedda stellte sich diese Frage nicht, hier wurden die Rollen auf gesanglicher Ebene ausgedeutet.
Was nützt eine „optimale“ orchestralen Ausdeutungen , wenn die gesangliche Ausdeutung zu 90 % nicht mehr stattfindet. Heute läuft die Ausdeutung von Mozarts Musik und das läßt sich bereits 20 Jahre zurückverfolgen ( der Verfasser  bezieht sich jetzt auf die gesanglichen nicht auf die darstellerischen Ebene ) zunehmend einem Nullpunkt entgegen. Kurioserweise ist dieses aber bei all der Lobhuddelei für moderne Produktionen wohl nur sehr wenigen Kritikern aufgefallen. Viele Sänger klingen deswegen austauschbar, oder sollte es gar sein, das es keinem mehr auffallen will, weil dieser Effekt augenscheinlich gewünscht ist.

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