Georg Benjamin/Martin Crimp: Lessons in love and Violence (Hamburgische Staatsoper; 07.04.2019)

Nach der Uraufführung im Mai 2018 an der Covent Garden Opera in London, in Kooperation mit der Opera Amsterdam, Opera de Lyon, Lyric Opera Chicago, Gand Theatro  del Liceu Barcelona und dem Theatro Real Madrid, welche die Oper in Auftrag gaben, war an diesem Abend die Deutsche Erstaufführung dieses fesselnden und auch berührenden royalen Familiendramas um eine Liebe zwischen Edward II und dem Emporkömmling Gaveston, die nicht sein darf, zu erleben. Mortimer, des Königs` General stellt seine eigenen Interessen über das Wohl des hungernden und geknechteten Volkes und lässt sowohl den Geliebten des Königs, wie auch den König ermorden, um dessen Sohn Edward III als seine Marionette auf dem Thron zu platzieren und erteilt diesem auch gleich eine Lektion in Sachen Liebe und Gewalt, doch das rächt sich, denn  Edward III erteilt zum Ende der Oper sowohl seiner Mutter wie auch Mortimer eine Lektion, indem er Mortimer erst foltern und dann  hinrichten lässt. Die Musik ist fesselnd, grandios in ihrer Gewalt und Ausdrucksstärke und meisterhaft durchkomponiert. Die einzelnen Bilder sind mit eher lyrischen Zwischenmusiken verbunden, die sehr an die fulminanten Interludes Benjamin Brittens`erinnern, ohne ihn zu kopieren. Die Gesangslinie folgt zum größten Teil der Sprachlinie, lässt hier aber auch dramatische Ausbrüche zu. Es ist schon verblüffend und zutiefst beeindruckend, dass es George Benjamin gelingt, eine eigene Tonsprache zu schaffen, die man weder modern im Sinne von atonal noch traditionell melodisch empfindet. Es ist ein eigener Stil mit einer fantastischen Vereinigung von Text und grandioser,  bewegender Musik. Eine enge, intensive Zusammenarbeit von Komponist und Librettist (Martin Crimp) ist unverkennbar. Man kann von diesem Ergebnis gar nicht genug bekommen.
Evan Hughes, eingesprnngen für Philippe Sly  als Edward II bot eine grandiose Charakterstudie, gesanglich wie darstellerisch. Georgia Jarman sang eine aufgewühlte, zwischen Emotionen, Mann, Geliebten und Kindern hin und her gerissene Isabel. Peter Hoare,  bestach mit seinem lyrisch eleganten Bariton als Mortimer (sang diese Rolle auch schon in der Uraufführung) . Gyula Orendt gestaltete  einen hervorragenden Stranger Gaveston ( sang diese Rolle auch schon in der Uraufführung ). Samuel Boden Tenor überzeugte mit seiner lyrischen und doch ausdrucksstarken Tenorstimme als Boy und Young King (sang diese Rolle ebenfalls in der Uraufführung). In weiteren Rollen sangen Hannah Sawle und Emilie Renard die Witness, Singer und Woman, Andri Björn Robertson überzeugte als Witness 3 und war als Madman schlichtweg grandios; die Rolle der Tochter übernahm Ocean Barrington-Cook (ebenfalls in der Uraufführung in dieser Rolle zu erleben). Katie Mitchell inszenierte das Werk meisterhaft, hier wurde die original Bühnenproduktion aus London übernommen. Ihr gelang eine differenzierte Personenführung und mit dem schönen und eher unspektakulären Bühnenbild (Vicki Mortimer) mit einem riesigen Bett als Mittelpunkt, gelang auch optisch eine grandiose Umsetzung. Kent Nagano hatte zweifellos einen großen Anteil am Gelingen der Premiere. Er ist der ideale Dirigent für diese fantastische Musik. Dem Philharmonischen Staatsorchester, Hamburg gelang ein grandioser, differenzierter Klangteppich. Ein überaus gelungener, berührender und mitreißender Abend. Alle Mitwirkenden und der persönlich anwesende Komponist wurden begeistert gefeiert.                                     Sven Godenrath, Hamburg

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