Gioachino Rossini: Aureliano in Palmira

Mit einem pointierten und sich durch musikalisch große  Transparenz auszeichnenden Vorspiel, gestaltet Will Crutchfield einen großartigen, kurzweiligen über dreistündigen Rossiniabend. Hier nimmt Rossini Melodien vorweg, die er wie unschwer an der Ouvertüre und dem anschließenden Chor erkennbar ist, später im Barbiere de Seviglia wieder aufnahm. Irgendwann folgt im Verlauf dieses Stückes dann noch eine Anlehnung an „Una voce…“; im letzten Akt folgt dann die Gewittermusik ( ebenfalls Barbiere de Seviglia )und es gibt sogar eine kurze Sequenz, die einen an das Duett Norma / Adelgisa „O rimenbranza“ erinnern läßt. Wurde in einer bereits besprochenen Produktion aus dem Jahre 2011, die Rolle des Arsace mit einem Countertenor ( Franco Fagioli ) besetzt, so setzte man in dieser Produktion wieder ganz bewußt auf den besonderen Reiz eines Mezzosoprans. Lena Belkina, ein Name der seit ihrer 2012er La Cenerentola ( hier besprochen ) in aller Munde sein dürfte, zieht hier alle erotischen Register ihrer Stimme, um endlich seine geliebte Zenobia, in die geliebten Arme schließen zu können. Darstellerisch bekämpft er die Römer und unterliegt sowohl im ersten wie auch im zweiten Akt den Armeen des Aureliano. Was mit Gewalt nicht gelingen will, gelingt schließlich mit Charme, dem das Publikum sofort,  Aureliano hingegen er am Ende, erliegt. Er gibt beide frei und somit auch den Weg  beider zueinander. Auch hier beginnt Jessica Pratt ( Adelaide die Borgogna 2011 und Ciro de Barbilonia 2012 ), welche 2014 zum dritten Mal beim Rossini Festival in Pesaro Auftritt,  wie üblich in einer für einen Sopran eher tieferen Lage, um sich dann im weiteren Verlaufe dieser Oper in höchste Höhen zu schrauben. Makellose Koloraturen, ausdrucksstark in den Rezitativen und den Arien, gehört sie zu den besten Sängerinnen nicht nur im Rossini-, Donizetti- und Bellinifach. Michael Spyres besticht durch seinen in allen Lagen mühelosen Tenorklang, hier wird weder gepresst noch gedrückt. Die Stimme schwingt sich frei durch sämtliche Koloraturläufe, bis in die höchsten Tenorhöhen und diese Rolle hat es vom Schwierigkeitsgrad her, wirklich in sich.  In den weiteren Rollen erleben wir Rafaella Lupinacci als herrlich ausdrucksstark singende Publia, Dempsey Rivera als Oraspe, Sergio Vitale als Licinio, Dimitri Pkhaladze als Gran Sacerdote und Raffaele Costantini als Pastore. Ein hundertprozentig in sich geschlossenes Ensemble, Rossini vom Feinsten. Wir erleben hier zum ersten Mal, die von Will Crutchfield selbst  vervollständigte, rekonstruierte Fassung dieser Oper mit allen Musiken, die vor und nach der Uraufführung gestrichen worden sind.

 

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